Februarrevolution 1917

Die unmittelbare Ursache der Februarrevolution von 1917 war der Niedergang des Zarenregimes unter der gewaltigen Belastung des 1. Weltkrieges sowie die Unfähigkeit bzw. Weigerung des Zaren Nikolaus II., längst überfällige politische, wirtschaftliche und soziale Reformen durchzuführen.Die mittelbare Ursache war die im Vergleich zum Westen sehr rückständige Wirtschaft Russlands, die es unmöglich machte, einen Krieg gegen das wirtschaftlich starke Deutschland durchzuhalten, geschweige denn zu gewinnen. Russland hatte zwar praktisch unerschöpfliche Ressourcen an Arbeitskräften, in der Industrie fehlten aber ausreichende Kapazitäten für die Produktion von Waffen, Ausrüstung und Versorgungsgütern für die Millionen von Soldaten, die in den Krieg geschickt worden waren. Ausserdem war das Schienennetz noch äusserst unzureichend, und schliesslich ging auch die Agrarproduktion in Folge des Krieges stark zurück. In den Schützengräben hungerten die Soldaten und hatten oft weder Schuhe noch Munition, manchmal nicht einmal Waffen. Die Verluste der Russen waren so hoch wie nie zuvor in irgendeinem Krieg oder irgendeiner Armee. Hinter der Front wurden die Waren knapp, die Preise stiegen rapide an, und 1917 standen vor allem die grossen Städte vor einer Hungersnot.Die Verbitterung der Zivilbevölkerung wuchs zusehends, und auch in der Armee litt die Moral unter der katastrophalen Versorgungslage und zusätzlich noch unter einer Reihe von militärischen Niederlagen. Vielfach schrieb man diese Rückschläge dem angeblichen Verrat der Zarin Alexandra und ihres Kreises zu, der unter dem Einfluss des Bauernmönches Grigorij Jefimowitsch Rasputin stand. Proteste der Duma, des russischen Parlaments, gegen die inkompetente Kriegsführung und die Willkürherrschaft der zaristischen Regierung fanden weder bei Zar Nikolaus II. noch bei den meisten seiner Minister Gehör.Anfang 1914 waren in Russland wie fast überall in Europa alle Parteien ausser einer kleinen Gruppe von Sozialdemokraten für den Krieg. Aber bereits ab 1915 kam es zu empfindlichen Engpässen in der Versorgung, die besonders die grossen Städte zu spüren bekamen, die von Flüchtlingen aus dem Frontgebiet überschwemmt wurden. Die Protestbereitschaft der Zivilbevölkerung stieg, und immer häufiger kam es zu Streiks und Demonstrationen.1915 schloss sich die Mehrheit der Duma zu einem interfraktionellen, progressiven Block zusammen und forderte angesichts der wachsenden Unzufriedenheit und der Versorgungslage politische Reformen. Der Zar lehnte ab und verschärfte seinen innenpolitischen Kurs noch. Im November 1916 machte die Duma Nikolaus II. nochmals darauf aufmerksam, dass es zu einer Katastrophe kommen werde, sofern er keine Reformen durchführe und sich nicht zu einer konstitutionellen Form der Regierung herbeiliesse. Der Zar schlug wiederum alle Warnungen in den Wind. Ende Dezember ermordete eine Gruppe von Aristokraten Rasputin, in der Hoffnung, der Zar werde seinen politischen Kurs ändern; der Zar blieb hart, reagierte vielmehr mit der Begünstigung von Rasputins Anhängern am Hof. Einflussreiche Kreise fassten nun sogar eine Palastrevolution ins Auge, um so vielleicht doch noch einen Aufstand der breiten Masse abwenden zu können.Seit Jahresbeginn 1917 riss in der russischen Hauptstadt Petrograd (heute Sankt Petersburg) die Welle der Hungerdemonstrationen und Streiks nicht mehr ab. Am 3. März (dem 18. Februar nach dem julianischen Kalender) traten die Arbeiter des Putilow-Werkes in Petrograd, eines der grössten Industriebetriebe in Russland, in den Ausstand. Fünf Tage später, am 8. März, schlossen sich Zehntausende von Frauen der sich ausweitenden Protestbewegung an und demonstrierten gegen Hunger, Krieg und Zar, und am folgenden Tag kam es in Petrograd schliesslich zum Generalstreik. Auf Transparenten und in Sprechchören forderten die Demonstranten und Streikenden die sofortige Beendigung sowohl des Krieges, als auch der autokratischen Zarenherrschaft. Auf Befehl des Zaren wurden schliesslich zur Niederschlagung der Demonstrationen die gefürchteten Kosaken mobilisiert; die aber blieben neutral oder verbrüderten sich sogar offen mit den Aufständischen.Am 11. März erteilte Nikolaus II. den Truppen der Petrograder Garnison den Befehl, den Aufstand niederzuschlagen. Einige unbewaffnete Arbeiter fielen zunächst im Kugelhagel; trotzdem zogen sich die Demonstranten nicht zurück, bis schliesslich Teile der zaristischen Truppen auf die Seite der Arbeiter wechselten und sich weigerten, weiter auf das Volk zu schiessen. Die Revolution war nun nicht mehr aufzuhalten.Trotz der alarmierenden Berichte aus Petrograd sah sich Nikolaus, der sich ausserhalb der Hauptstadt in seinem Hauptquartier aufhielt, noch immer nicht zu einer effektiveren Massnahme veranlasst, als die Duma aufzulösen. Die Abgordneten nahmen das Auflösungsdekret zwar offiziell an, hielten aber, um sich nicht des Ungehorsams gegenüber dem Zaren schuldig zu machen, am 12. März eine als „privat" deklarierte Versammlung ab und setzten ein Provisorisches Komitee zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung ein.Am 12. März setzte sich die Revolution in der Hauptstadt durch. Regiment um Regiment der Petrograder Garnison ging auf die Seite des Volkes über. Innerhalb von 24 Stunden hatte sich die gesamte Garnison bis auf einige hundert Soldaten den Aufständischen angeschlossen. Die Regierung erkannte ihre Machtlosigkeit und trat geschlossen zurück. Etwa gleichzeitig mit dem Provisorischen Komitee konstituierte sich auf Initiative der Menschewiki (siehe Bolschewismus) ein Provisorisches Exekutivkomitee des Arbeiterdeputiertenrates, und bereits am 13. März wurde in Petrograd ein Arbeiter- und Soldatenrat (Sowjet) gewählt.